Lesung in Metzingen

Vergangene Woche war ich in der Buchhandlung Stoll in Metzingen zu Gast – die Südwestpresse berichtet hier.

Dich will ich loben, Häßliches,
Du hast so was verläßliches.

So schreibt der Dichter einst in seinem Werk Nachdem er durch Metzingen gegangen war. Als Metzingendurchreisende der Jahre 1988-1990 beschränken sich meine Erinnerungen auf den Bahnhof und den Stau im Ermstal, der meine Großmutter, die gern jenseits der Geschwindigkeitsbegrenzungen unterwegs war, zu regelmäßigen Verzweiflungsausbrüchen veranlasst hat. Die Eröffnung der Schnellstraße hat sie dann nur noch vom Beifahrersitz aus erlebt.

Das Schöne schwindet, scheidet, flieht,
fast tut es weh, wenn man es sieht

heißt es weiter, und es ist, als hätte Gernhardt die Ära der Metzinger Factory Outlets vorausgesehen, eine Zeit, in der man Gebäuden buchstäblich beim Wachsen zuschauen konnte. Wo gestern noch Ententeiche und alte Seifenfabriken waren, eröffnete am nächsten Tag schon ein euer ESPRIT, und neben dem alten HugoBossWerksverkauf (mit dem alles begonnen hatte), erstreckten sich alsbald kleinstadtgroße Parkplatzfelder. Als ich 2003 in die Stadt fuhr, um anständiges Hochzeitstuch zu erwerben, erkannte ich schon keine einzige Zufahrtstraße mehr.

Wer Schönes anschaut spürt die Zeit,
und Zeit sagt stets: Gleich ist’s so weit.

Die Schönheit gibt uns Grund zur Trauer,
die Häßlichkeit erfreut durch Dauer

so endet es bei Gernhardt, und beinahe konsequent erscheint es da, dass Metzingen sich in den letzten Jahrzehnten voll und ganz dem schönen Design verschrieben hat.

Nein, heute, 2012, darf man sich was Metzingen betrifft, nicht mehr auf Robert Gernhardt verlassen, und wer sich selbst davon überzeugen möchte, der sollte am Dienstag, 13.11. um 19:30 Uhr unbedingt zu meiner Lesung in die Buchhandlung Stoll kommen.